Einer von uns - Hermann Friedrich Wilski aus Költschen

Hermann Friedrich Wilski (geb. 14. Mai 1820 in Költschen/Kr. Oststernberg; verst. 27. Mai 1900 in Berlin Lichterfelde) war Lehrer, Schuldirektor und Leiter des neuen Friedrichs-Waisenhaus in Berlin-Rummelsburg.

Er war mit Luise Ilbig (verst. 10.01.1873 in Rummelsburg) verheiratet, die Ehe blieb kinderlos.

Als Sohn des ev. Predigers Martin Wilski (verst. Költschen/Kr. Oststernberg) und Henriette geb. Grosser (verst. Költschen/Kr. Oststernberg), machte er sein Abitur in Züllichau und studierte anschließend zwischen 1835 und 1841 in Berlin Theologie und Philologie.

Lehrertätigkeit in Berlin, Halberstadt und Küstrin

Ab 1847 arbeitete er als Lehrer am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium, zeitgleich aber auch an der Königlichen Realschule und der Louisenstädtischen Realschule in Berlin.

Seine Tätigkeit wurde durch die Einberufung zur Landwehr (10. Mai 1849 bis 01. April 1850) kurz unterbrochen. Er arbeitete danach aber wieder an den o.g. Schulen weiter.

Ab 1852 nahm er die Lehrertätigkeit an der höheren Bürgerschule in Halberstadt auf. Nach dem Tod des dortigen Schulleiters Siderer, übernahm er zusätzlich die interimistische Leitung der Schule. 1854 wurde er auf dem Titelblatt des Jahresbericht der Bürgerschule zusätzlich als interimistischer Dirigent genannt.
1855 verließ er die Bürgerschule in Halberstadt und wechselte an die Spitze der Raths- und Friedrichschule in Küstrin, der er bis 1859 vorstand und auch selbst als Lehrer tätig war. Er wurde dort mit den folgenden Zeilen verabschiedet:

„Die Liebe und Verehrung seiner Schüler, die sich auch bei seinem Scheiden in unzweideutigen Beweisen kundgab, und die Hochachtung und Freundschaft seiner Kollegen sind ihm in seinen neuen Wirkungskreis gefolgt; wir alle bleiben ihm dankbar verpflichtet für seine gesegnete Wirksamkeit als Lehrer, wie für den treuen Eifer, mit dem er als Leiter der Anstalt das Beste derselben sichtlich gefördert hat.“

1856 wird die von ihm verfasste Schrift „Zur Praxis des Religions-Unterrichts in den oberen Klassen der höheren Bürgerschulen“ veröffentlich.

Lageplan
Lageplan des Waisenhauses
(Quelle: Mit freundlicher Genehmigung des Museum Lichtenberg)

Leitung des neuen Friedrichs-Waisenhauses bei Berlin

Anschließend berief ihn der Magistrat der Stadt Berlin zum Rektor des neuerbauten Friedrichs-Waisenhaus in Berlin-Rummelsburg. Gebaut nach den für damalige Zeiten sehr bahnbrechenden Ansätzen. So befand sich das Waisenhaus nicht in der Mitte der Stadt, sondern weit draußen in der Natur - mit Zugang zum Rummelsburger See. Das Gelände, welches anfänglich aus 60 Morgen bestand, wurde durch eine sehr weiträumige Anlage geplant. Ernährungspläne wurden von Ärzten erstellt und auch der Innenausbau wurde aus damaliger Sicht sehr fortschrittlich vorgenommen.

Die anfängliche Sterblichkeitsrate sprach auf den ersten Blick gegen die Führung des Waisenhauses, diese wurde aber u.A. auf die hohe Sterblichkeit der integrierten Säuglingsstation zurückgeführt.

Aus heutiger Sicht mutet die Art und Weise der Waisenunterbringung sehr rückständig, teilweise auch erschreckend an. Man muss aber bedenken, daß die „Viersäftelehre“ erst Mitte des 19. Jahrhunderts durch die von Rudolf Virchow entwickelte Zellularpathologie abgelöst wurde. Während man bei der „Viersäftelehre“ versucht den kranken Körper durch Aderlaß, Einläufen und Brechkuren zu heilen, legt die Zellularpathologie ihren Fokus auf die Zellveränderung durch Krankheiten.

Am 28.02.1875 hat sich in der Wohnung des Waisenhausdirektors Wilski sein eigener Bruder, der Goldwarenfabrikant Emil August Victor Wilski, im Alter von 50 Jahren erhängt.

Weitere gesellschaftliche Aktivitäten

Am 15.06.1872 trat Wilski der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte (BGAEU) bei und blieb bis zu seinem Tod 1900 ordentliches Mitglied.
Die Gesellschaft wurde 1869 auf Initiative des Berliner Arztes Rudolf Virchow ins Leben gerufen. Auch wenn Wilski sehr früh Mitglied wurde, erscheint sein Name nur zwei Mal in der von der Gesellschaft herausgegebenen Publikation "Zeitschrift für Ethnologie“. Zum ersten Mal wird er in der Sitzung vom 10.05.1873 genannt, als er den Mitgliedern einen Mammutzahn vorlegte, den er von einem Phoebener (bei Potsdam) Ziegeleibesitzer erhielt. Die zweite Nennung erfolgte in der Sitzung vom 23.06.1900, in dem über sein „sanftes“ Ableben informiert wurde. Er wurde von Virchow als eines der ältesten Mitglieder und als „theilnehmender Genosse, sowohl an unseren Sitzungen, als an den Excursionen der Gesellschaft“ beschrieben.

Wilski war zusätzlich Mitglied im Verein für Reformationsgeschichte, sowie im Deutschen Fischerei-Verein und engagierte sich für den Verein zur Förderung des häuslichen Gewerbefleisses.
In den Jahren 1867, 1870 und 1876 kandidierte er für das preussische Abgeordnetenhaus im Wahkreis Oberbarnim - Niederbarnim für die Deutsche Fortschrittspartei (linksliberal). Der Partei gehörten neben Rudolf Virchow, auch der Nobelpreisträger Mommsen und Werner von Siemens an.
Dem Märkischen Museum übergab er historische Meissel und Beile, die auf dem Gelände des Waisenhauses gefunden wurden.

Quelle:
Jahresbericht über die hiesige höhere Bürgerschule 1853, S. 38f (Stadtarchiv Halberstadt, Schulakten, 2/560)
Jahresbericht über die hiesige höhere Bürgerschule 1854, Titelblatt (StadtA HBS, Schulakten, 2/560)
Jahresbericht über die hiesige höhere Bürgerschule 1855, S. 37 (StadtA HBS, Schulakten, 2/560)
H. Wilski: „Zur Praxis des Religions-Unterrichts in den oberen Klassen der höheren Bürgerschulen“ in Pädagogische Revue - 45.1857 (Januar - Juni der 1. Abt.)
Jahresbericht über die Real-Schule zu Cüstrin, 1860, S. 27
Schulblatt für die Provinz Brandenburg - 25.1860
„Die Sterblichkeit der Kinder in Berlin während der Jahre 1851 - 1860“ in Preußische Medicinal-Zeitung Nr. 32, 1863
Mitgliederkartei (Archiv Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte)
Zeitschrift für Ethnologie 1873 V. Bd. (Archiv BGAEU)
Kunst und Gewerbe, Wochenschrift zur Förderung deutscher Kunst-Industrie, Nr. 16, 1876 S. 142
Circulare des Deutschen Fischerei-Vereins im Jahre 1878 Anahng XIII
Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, Bände 13 – 14, 1895 Zeitschrift für Ethnologie 1900 V. Bd. (Archiv BGAEU)
Beerdigung Caroline Friederike Louise Wilski geb. Ilbig (e. Kirchenbuch Waisenhaus Berlin Rummelsburg, 2/1873)
Sterbeurkunde Emil Wilski (StA Stralau, 8/1875)
Vorgeschichtliche Funde aus Berlin und Umgebung - "Festschrift" in Schriften des Vereins für die Geschichte der Stadt Berlin Heft XVII, 1880 S. 46
Sterbeurkunde Hermann Wilski (StA Berlin-Lichterfelde, 138/1900)