Untersuchungssachen wider die Gemeinde zu Költschen
(1793-1798)

Nordöstlich von Költschen befand sich auf unbebauter Fläche ein mehr als 50 Morgen Flächenmaß, welches 2.553,22 Quadratmeter entspricht. großer See. Dieser See wurde Bingensee genannt. Auf Karten aus dem 20. Jahrhundert wird dieser See auch als Binnensee bezeichnet. Diesen See gibt es heute nicht mehr, man kann ihn aber erahnen, wenn man der Straße Łąkowa Richtung nordosten folgt. Oberhalb der Staße erkennt man zwei kleine Bäche die sich scheinbar an der Straße treffen. Dies war sehr wahrscheinlich der Zufluß des Sees, der sich auf der anderen Straßenseite befand.

Költschen (Kołczyn) hatte ein Hütungsrecht bis in das Graswiesenbett am See. Aufgrund der Warthebewallung trocknete der See langsam aus und die Gemeindemitglieder nutzen das freigewordene Land. Der Eigentümer des Sees war jedoch der Major von Reitzenstein auf Hammer, dem auch ein Teil von Költschen gehörte.
Diesem missfiel die Landnahme und klagte die Gemeindemitglieder bereits 1793 bei der Neumärkischen Regierung an. Im Urteil vom 31.10.1794 wurde dem Major rechtgesprochen und die Gemeinde Költschen hatte sich von da an an definierte Grenzen zu halten. Die Gemeinde ging daraufhin in Berufung (31.03.1796) und wurde durch die Revision vom 07.10.1796 bestätigt. Die Gemeinde weigerte sich die neuen Grenzen zu aktzeptieren und verhielt sich so als würde das Revisionsurteil zu ihren Gunsten ausfallen.
Grenzmarken wurden vom Deichinspektor gesetzt, verschwanden aber auf geheimnissvolle Weise über Nacht. Der Deichinspektor Ehrlich musste diese erneut setzen. Als Erster rebellierte der Fischer Johann Arendholz, als sein Land mit einem Grenzpfahl verkleinert werden sollte. Man verwies ihn des Ortes, machte ihm die Konsequenzen deutlich und drohte mit Festungsstrafe, wenn er sich nicht besinnen würde. Doch kaum hatte man begonnen den zweiten Pfahl zu setzen, fiel Arendholz voller Wut über den Grenzhügel her und zog den Pfahl wieder aus der Erde.
Als der dritte Grenzhügel errichtet wurde rief die Gemeinde "Heran!" und behinderte die Grenzziehung. Erst unter Militärgewalt konnte die Arbeit fortgesetzt werden. 20 Mann stellte General-Major v. Katt unter Anführung des Leutnants Gloger zur Verfügung. 313 Grenzhügel wurden gesetzt.
Als das Militär weit genug entfernt war, wurden diese wieder durch die Gemeinde zerstört.
Letztlich führte diese Aktion zu einer sehr harten Bestrafung aller 43 Gemeindemitglieder. Johann Arendholz wurde mit sechs Monaten Festungsarbeit am härtesten bestraft. Dagegen wurden die anderen Gemeindemitglieder zwischen zwei bis vier Monaten Festungsarbeit bzw. Zuchthausarbeit verurteilt.

In der Akte sind folgende Gemeindemitglieder aufgeführt:
1. Der Gerichtsmann Christian Büttner (40 Jahre)
2. Martin Wilscke sen. (66 Jahre)
3. Martin Wannecke (32 Jahre)
4. Johann Arendholz (36 Jahre)
5. Christian Wilscke (40 Jahre)
6. Michael Kahn (53 Jahre)
7. Christian Wilscke jun. (39 Jahre)
8. Johann Mechelke (einige 50 Jahre)
9. Michael Schlawe (48 Jahre)
10. Johann Arendholz jun. (25 Jahre)
11. Martin Schulz (34 Jahre)
12. Martin Hecht sen. (52 Jahre)
13. Gottfried Werner jun. (36 Jahre)
14. Christian Hempel (26 Jahre)
15. Matthias Werner (37 Jahre)
16. Martin Koberstein (31 Jahre)
17 Gottfried Schneider (einige 30 Jahre)
18. Christian Hirte (38 Jahre)
19. Johann Adam Hecht (39 Jahre)
20. Christian Perlowitz jun. (34 Jahre)
21. Martin Stock (einige 20 Jahre)
22. Gottfried Wilske (28 Jahre)
23. Gerichtsmann Samuel Doering (68 Jahre)
24. Christian Perlitz (45 Jahre)
25. Gottfried Doering (38 Jahre)
26. Georg Vollmar (46 Jahre)
27. Martin Haupt (einige 50 Jahre)
28. Friedrich Golze (60 Jahre)
29. Christian Koberstein (45 Jahre)
30. Martin Hecht jun. (einige 40 Jahre)
31. Christian Wutschke (29 Jahre)
32. Johann Wutschke (55 Jahre)
33. Gottfried Werner sen (einige 50 Jahre)
34. Gottfried Koberstein (24 Jahre)
35. Christian Stentzel (48 Jahre)
36. Johann Arendholz sen. (48 Jahre)
37. Johann Koberstein (44 Jahre)
38. Friedrich Breitack (55 Jahre)
39. Johann Wolcke (52 Jahre)
40. Martin Koberstein (einige 40 Jahre)
41. Samuel Doering jun. (23 Jahre)
42. Daniel Wilsky (einige 50 Jahre)
43. Martin Buche (22 Jahre)

Einzig der Gerichtsmann Perlitz, der Gerichtsmann Samuel Doering, Johann und Christian Wutschke, sowie Johann Koberstein haben den anderen Gemeindemitgliedern empfohlen, die Grenzhügel stehen zu lassen, wurden aber von der Gemeinde überstimmt. Auch wenn der Anstoß von Johann Ahrendholz ausging, stand die Gemeinde dennoch zusammen und hat die Schuld aufsichgenommen. Martin Wannecke und Christian Wilske jun. werden als sehr trotzige Personen beschrieben und Johann Mechelke soll sogar die Hand gegen Johann Koberstein erhoben haben, weil dieser empfahl die Grenzmarken nicht zu entfernen.


Quelle:
Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, I. Hauptabteilung Geheimer Rat, Rep. 22 Adlige Familien und Schulzengerichte der Mark Brandenburg, Nr. 72 Paket 9 Fasc. 5